"Wer, wenn nicht wir ?"

Jahrestagung am 1. Juli 1999 im Botanischen Garten Berlin

Wer, wenn nicht wir, die Berliner Wissenschaftliche Gesellschaft, kann diese Frage stellen, ohne zugleich in den Verdacht des institutionellen Lobbyismus zu geraten. Die BWG ist die einzige Berliner Institution, welche die Präsidenten und viele Hochschullehrer der drei Berliner Universitäten, viele Mitglieder der Berlin-Brandenburgischen Akademie, des Wissenschaftszentrums Berlin sowie des Wissenschaftskollegs, vor allem aber auch die Vertreter der zahlreichen Forschungseinrichtungen des Bundes (vom Robert-Koch-Institut, über das Bundesamt für Materialprüfung bis zum Umweltbundesamt usw.) unter sich weiß.

Die BWG ist das Forum in Berlin, um die scientific community Berlins in ihrer Gesamtheit zu erfassen, um die Verinselung wissenschaftlicher Einrichtungen in dieser Stadt zu überwinden und zu einem wissenschaftliche Dialog zwischen den Disziplinen, zwischen den Nationen und zwischen den Institutionen zu gelangen. Auch für die Wissenschaft gilt: we are one world.

Unsere traditionellen Vortragsveranstaltungen in der Kaiserin-Friedrich-Stiftung und im Harnack-Haus-Kreis, Besuche anderer wissenschaftlicher Institutionen - wie dem Herzzentrum dienen diesem Ziel. Aber auch wissenschaftliche Führungen durch die großen Kunstsammlungen werden veranstaltet.  Neue Arbeitsformen treten beiseite. So steht ein Arbeitskreis Biotechnologie unter dem Kollegen Arndt vor seiner Konstituierung.

Die Berliner Wissenschaftliche Gesellschaft wird aufgrund ihres institutionenübergreifenden Potentials der Öffentlichkeit einen Überblick über die wissenschaftliche Leistungsressourcen geben. Geordnet nach Forschungsschwerpunkten sollen herausragende Wissenschaftler in einem "Who is Who" der Berliner Wissenschaft ausgewählt werden. Wir stellen auch Überlegungen zur Bildung einer Wissenschaftsagentur in Berlin zur Vermittlung wissenschaftlicher Dienstleistungen an. Unser besonderes Interesse gilt dem Versuch, ein Forum für den wissenschaftlichen Nachwuchs zu schaffen.

Die BWG muß sich auch an der Definition des Wissenschaftsstandorts Berlin beteiligen. Mit dem Regierungsumzug erhält diese Frage, die vor allem nach der Wiedervereinigung aufgeworfen wurde, zur Zeit erneut Aktualität und Bedeutung. Auch hier handelt es sich im übrigen um einen dynamischen Prozeß. Am Wissenschaftsstandort Berlin bietet die BWG als Institution mit 26-jähriger Geschichte eine Infrastruktur für die nach Berlin kommenden Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen und steht als Ansprechpartner zur Verfügung. So kann die BWG Wissen und Wissensträger in Berlin vermitteln. Eine weitere Vernetzung der wissenschaftlichen Einrichtungen ist in Berlin wünschenswert, wobei der Kontakt der Berliner Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen im Vordergrund steht, aber auch der Kontakt zu nationalen und internationalen Wissenschaftlern zu pflegen ist. Hier kann und muß die aktuelle Phase des Aufbruchs in Berlin genutzt werden. In diesem Sinne ist auch eine Beteiligung an der hochschulpolitischen Auseinandersetzung in Berlin erforderlich, um Tendenzen der Überbürokratisierung sowie der finanziellen Einschränkung des Bildungswesens entgegenzutreten.

Wer, wenn nicht wir, die Berliner Wissenschaftliche Gesellschaft kann die Bestands- und Entwicklungsgarantie für alle drei Berliner Universitäten fordern. Wer, wenn nicht wir, kann für die Berliner Wissenschaft einfordern, was ihr zukommt. Die Zukunft eines Gemeinwesens hängt weniger an der Lösung der Rentenfrage, sondern vielmehr an der Ausbildung künftiger Generationen und der Mehrung unseres Rohstoffes Geist.